Wirknachweise für Kosmetik

Wollen Sie wissen, was hinter den Versprechen von Kosmetikprodukten steht? Dann kommen Sie mit auf eine Reise in die Welt der Kosmetiklabore.

In-vitro-Tests: Tests im Reagenzglas

Wir beginnen in einem Labor, in dem sogenannte in-vitro-Prüfungen durchgeführt werden. Hier werden Hautzellen in Gläsern oder Schalen kultiviert, was den daran durchgeführten Tests die Bezeichnung in-vitro (=im Glas) einbringt. Die Zellen können aus der Oberhaut oder der Unterhaut stammen und fast in unendlicher Zahl vermehrt werden.

Bild: Sven Hoppe/bigstock.com

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Gibt man nun einen Wirkstoff hinzu, verändert sich der Stoffwechsel der Zellen, bestenfalls in eine positive Richtung. Eine positive Veränderung könnte beispielsweise die vermehrte Produktion von Kollagen und Elastin oder die Verringerung der Konzentration an Entzündungsbotenstoffen sein. Die Zellen werden nach der Wirkstoffzugabe und eine gewissen Wirkzeit zerstört, und der Inhalt wird genau analysiert. Menge und Art der Proteine sowie der Vorlagen der Proteine im Organismus, der mRNA, werden bestimmt. So kann die Veränderung, die durch die Zugabe des Wirkstoffes in den Zellen hervorgerufen wird, genau untersucht werden.

Vorteile der in-vitro-Prüfungen

Die Vorteile der in-vitro-Prüfungen sind vielfältig. Die Forscher können in diesen Tests die molekularen Vorgänge, die in der Haut ablaufen, genau erkennen. Außerdem sind die Prüfungen sehr gut standardisierbar. Denn unter identischen Kultivierungsbedingungen verhalten sich alle Zellen gleich. So kann ich einen Teil der Zellen mit dem Wirkstoff behandeln, einen anderen Teil lasse ich unbehandelt. Der Unterschied zwischen Teil 1 und Teil 2 ist dann sicher auf den Wirkstoff zurückzuführen. Darüber hinaus sind die in-vitro-Tests sehr effizient, da sich sehr viele Wirkstoffe parallel auf ihre Wirkung hin untersuchen lassen. Daher starten fast alle Wirkuntersuchungen zunächst im in-vitro-Labor.

Grenzen der in-vitro-Prüfungen

Aber die in-vitro-Prüfungen haben auch Nachteile. Die beiden Hauptkritikpunkte sind: eine kleine Veränderung in der Konzentration eines Proteins muss nicht relevant sein für das gesamte Organ Haut. Denn viele Prozesse in unserer Haut werden komplex aus mehreren Richtungen gesteuert. Eine gemessene Verringerung eines Entzündungsbotenstoffes wird daher eventuell durch eine vermehrte Produktion eines anderen Botenstoffes gegenreguliert. Die Auswirkung auf den gesamten Organismus wäre dann gleich Null. Wenn dieser zweite Botenstoff dann nicht zufällig im gleichen Experiment gemessen wird, glaubt der Forscher an eine Wirkung, die aber tatsächlich garnicht erreicht wird. Der zweite Kritikpunkt an in-vitro-Prüfungen nimmt die Barrierefunktion der Haut ins Visier. Denn die gesunde Haut bildet einen guten Schutzschirm gegen Einflüsse von außen, also auch gegen viele Wirkstoffe. Ob dies so ist, hängt von den Eigenschaften des Wirkstoffes und von der Basisformulierung des Produktes ab. Die Zellkulturen haben dagegen keine Barriere; jeder Wirkstoff dringt ein, auch wenn dies bei der intakten Haut nicht der Fall wäre.

Dennoch, in-vitro-Prüfungen sind die optimalen Tests, um neue Wirkstoffe auf ihr Wirkpotential hin zu untersuchen. Ist das Potential vorhanden, dann erfolgt im Besten Fall die Verifizierung der Wirkung in-vivo (lateinisch für im Lebenden) bei einer Studie an Probanden.

In-vivo-Tests: Prüfungen an Probanden

Folgen wir dem Wirkstoff also ins in-vivo-Labor. Handelt es sich um einen neuen Wirkstoff, dann war sein Weg in dieses Labor mit einigem Aufwand verbunden. Denn ein neuer Wirkstoff muss umfangreiche Sicherheitsprüfungen durchlaufen, bevor er in Kosmetik eingesetzt werden darf. Schafft er den Weg in eine Probandenstudie, hat er die Sicherheitsprüfungen bestanden. Anschließend macht er noch Station im galenischen Labor, in dem er in eine Hautpflegecreme eingearbeitet wird. Die Creme wird dann auf Wirksamkeit an Studienteilnehmern, den Probanden, getestet.

Studienablauf

10 bis 50 Probanden nehmen in der Regel an solch einer kosmetischen Wirksamkeitsstudie teil. Je nachdem was die Forscher an Wirkung nachweisen wollen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, wie die Probandenstudie abläuft. Die Kosmetik-Forscher unterscheiden kontrollierte Studien und Anwendungsstudien. Bei den kontrollierten Studien wird eine ganz bestimmte Menge der Wirkstoff-Creme von einem Mitglied aus dem Forschungsteam auf einen vorher definierten Bereich der Haut der Probanden aufgetragen wird. Bei den Anwendungsstudien verwenden die Probanden die Wirkstoffcreme zu Hause, wie sie dies auch bei einer Creme aus Drogerie oder Parfümerie tun würden.

Physikalische Messmethoden

Ob nun kontrollierte Studie oder Anwendungsstudie, in jedem Fall wird geprüft, wie sich die Haut durch die Anwendung der Creme verändert. Bei der kontrollierten Studie passiert dies fast immer durch objektive, physikalische Messmethoden. So lässt sich beispielsweise die Hautfeuchtigkeit vor und nach Anwendung messen, ebenso die Hautelastizität oder die Faltentiefe. Mit Lasermikroskopen kann man sogar einen Blick in tiefere Hautschichten tun, ohne die Haut zu schädigen.

Befragung der Studienteilnehmer

Bild: CandyBox-Images/bigstock.com

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Eine weitere Möglichkeit der Wirksamkeitsprüfung ist die subjektive Beurteilung der Wirkung durch die Probanden. In diesem Fall werden die Probanden vor und nach Verwendung der Wirkstoff-Creme nach ihrem Hautzustand befragt. Parameter wie Hauttrockenheit und Hautrauhigkeit, Festigkeit und Straffheit der Haut lassen sich so auswerten.

Und welches Vorgehen ist aussagekräftiger? Das lässt sich nicht eindeutig sagen. Vorteile der physikalischen Messmethoden sind die Genauigkeit und die Objektivität der Messungen. Allerdings lassen sich mit den physikalischen Messmethoden auch sehr kleine Veränderungen nachweisen, die für den Verwender der Hautcreme dann kaum spürbar sind. Der Vorteil der Befragungen liegt auf der Hand. Sie spiegeln wider, welche Veränderungen die Verwender der Hautcreme tatsächlich an sich beobachten. Allerdings ist dies ja nicht immer so einfach zu beurteilen. Dazu müssten sich die Probanden genau einprägen, wie ihre Haut aussah und sich angefühlt hatte, als die Studie begann, und dies vergleichen mit dem Zustand nach 4 oder 8 Wochen Studiendauer. Sicher nicht ganz einfach, eben eine subjektive Methode.

Hinweise in den Werbeanzeigen

Welche Methode zum Wirknachweis eines Kosmetikproduktes verwendet wurde, verraten die Hersteller oft in ihren Werbeanzeigen. Hinter den Wirkaussagen findet sich mitunter ein Sternchen, welches auf einen Kleingedruckten Text unter der Anzeige hinweist. Dort findet man die Erklärung wie „Befragung von 50 Studienteilnehmerinnen“ oder „Test in-vitro“. So kann ich mir einen Eindruck verschaffen, welche Methode für den entsprechenden Wirknachweis zum Einsatz kam.